Ex-Manager sagt Crash in der Lebensversicherung voraus

von Die-Assekuranzoptimierer GmbH

Sparer landen auf der Müllkippe der Versicherungsindustrie

Rät den Kunden zur frühzeitigen Kündigung von Lebensversicherungsverträgen: Ex-Manager Sven Engers.

Sven Enger, ehemaliger Vorstand und Geschäftsführer verschiedener bekannter Versicherer, warnt in einem Interview mit dem „Stern“ vor einem Zusammenbruch der deutschen Lebensversicherungsbranche. Er ruft die Kunden dazu auf, frühzeitig die Notbremse zu ziehen – solange es noch geht. Der Branchenverband GDV hält die Aussagen Engers dagegen für „unverantwortliche und unfundierte Panikmache“.

„Raus aus den Policen!“, sagt Sven Enger in einem Gespräch mit dem Stern. Er glaubt, dass ein Crash der deutschen Lebensversicherung unmittelbar bevorsteht.

Enger war 23 Jahre lang in der Branche tätig – unter anderem beim Deutschen Ring, später war er Vertriebsdirektor bei Delta Lloyd, Vorstand der Skandia Lebensversicherung und Deutschland-Geschäftsführer von Standard Life.

Seine Prognose stützt er auf verschiedene Anzeichen:

Viele Firmen hätten den Vertrieb von klassischen Lebensversicherungen ganz eingestellt. Millionen Policen sollten durch den Verkauf an Abwicklungsfirmen entsorgt werden. „Die Sparer landen hier auf der Müllkippe der Versicherungsindustrie“, so Enger im Interview. Die einst versprochenen Renditen würden sich bald in Luft auflösen.

In Prognoserechnungen war einst von Überschussbeteiligungen von 6, 7 oder 8 Prozent die Rede. „Das ist alles nicht mehr haltbar“, so Enger weiter.

Inzwischen ist die Überschussbeteiligung im Schnitt auf rund 2,5 Prozent gefallen. Enger erwartet zudem, dass viele Unternehmen auch den Garantiezins, der für ältere Verträge zum Teil noch bei 4 Prozent liegt, nicht mehr lange auf diesem Niveau halten können.

„Für einige Firmen wird der Absturz nicht abzuwenden sein“, prognostiziert der Ex-Manager. Die Auffanggesellschaft Protektor wäre in so einem Fall überfordert und könnte auch nicht viel tun, fügt er noch hinzu.

Der Branchenverband GDV äußerte sich zu den Aussagen Engers in einer Stellungnahme und nannte sie „unverantwortliche und unfundierte Panikmache“:

Die zentrale These Engers, der Lebensversicherung drohe ein „Crash“, entbehre jeder sachlichen Grundlage: „Die deutschen Lebensversicherer können nicht nur heute, sondern auch in Zukunft alle Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden erfüllen. Und das selbst in Extremszenarien, die statistisch nur einmal in 200 Jahren auftreten“, betonte das Mitglied der GDV-Geschäftsführung, Peter Schwark.

Folgende Aussagen Engers sind in den Augen des Verbands „unbegründet und falsch“:

1. Enger: „Viele Lebensversicherer werden wie schon gegenwärtig auch in den nächsten Jahren den Garantiezins nicht mehr erwirtschaften können.“

GDV: „Ausnahmslos alle Lebensversicherer erfüllen die Garantieverzinsung für ihre Kunden – ohne Wenn und Aber. Für die künftigen Zinsverpflichtungen haben die Lebensversicherer bis zum Jahresende 2017 mehr als 60 Milliarden Euro als zusätzliche Kapitalpuffer aufgebaut.“

2. Enger: „Es gibt 93 Millionen Verträge mit Ablaufleistungen von mehr als 3 Billionen Euro. (…) Das sind alles die Einlagen von Kunden, die sie irgendwann zurückfordern. Und wenn das crasht: Wer will das auffangen?“

GDV: „Hier bringt Herr Enger elementare Begrifflichkeiten durcheinander. Die 3 Billionen Euro bezeichnet die Versicherungssumme aller Lebensversicherungsverträge einschließlich Todesfall- und Berufsunfähigkeitsleistungen. Etwa die Hälfte dieses Betrags entfällt auf die Risikoabsicherung, die nur dann fällig wird, wenn Versicherungsnehmer vorzeitig versterben oder berufsunfähig werden. Da dieses Schicksal den meisten Kunden erspart bleibt, wird nur ein Teil dieser Versicherungssumme überhaupt einmal fällig werden. Für den übrigen Teil ist bereits 1.000 Milliarden Euro an Kapital angespart, dazu kommen noch die laufenden Versicherungsprämien und Erträge bis zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit.“

3. Enger: „In den kommenden Jahren stehen Millionen Verträge der Babyboomer zur Auszahlung an. Das System gerät in eine Demografiefalle.“

GDV: „Das System der Lebensversicherung beruht auf der Kapitaldeckung. Die Leistungen werden planmäßig aufgebaut und bei Vertragsende unabhängig von der Demografie aus den vorhandenen Kapitalanlagen gedeckt. Das Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung ist dagegen demografieabhängig. Die Kombination verschiedener Systeme trägt dazu bei, die Altersvorsorge insgesamt zu verbessern.“

4. Enger: „Ich rate allen, deren Verträge noch länger laufen: Raus aus den Policen!“

GDV: „Damit offenbart Herr Enger, dass er seine kommerziellen Interessen über die Interessen der Kunden stellt. Lebensversicherungen sind nicht nur sicher, sondern bieten gerade im aktuellen Zinsumfeld eine attraktive Verzinsung. Mit einer Kündigung verzichten Kunden zudem nicht nur auf Rendite, sondern auch auf den Risikoschutz einer Lebensversicherung im Todesfall oder auch bei Berufsunfähigkeit des Versicherten.“

5. Enger: „Eine Lebensversicherung zum Sparmodell aufzuhübschen (…) stellt für mich den Sündenfall der Branche dar“. 

GDV: „Lebensversicherungen mit einer Kapitalbildungskomponente werden seit 150 Jahren angeboten. Dazu zählen Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen. Insgesamt wurden für die Kunden daraus über 1.000 Milliarden Euro zurückgelegt. Jahr für Jahr werden für die Altersversorgung der Bürger daraus 70 bis 80 Milliarden Euro ausgezahlt. Das entspricht etwa 200 Millionen Euro pro Tag und etwa 30 Prozent der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Und: Wer im Jahr 1996 eine Rentenversicherung mit 20-jähriger Laufzeit abgeschlossen hat, kam auf eine durchschnittliche Rendite nach Kosten von knapp 4 Prozent – wohlgemerkt pro Jahr.“

Wie haben die Wissenschaftler gerechnet? Stotz und sein Team erzeugten nach eigenen Angaben über den Zeitraum September 2000 bis August 2016 für jeden einzelnen Monat 100.000 simulierte Garantiekosten. Dabei habe man sowohl sehr positive als auch sehr negative Entwicklungen sowie zufällige und unerwartete Ereignisse an den Aktienmärkten berücksichtigt.

Im weiteren Verlauf der Untersuchung wurde den durch Garantien abgesicherten Einzahlungsbetrag ein simuliertes, einmaliges Investment in gleicher Höhe an den weltweiten Aktienmärkten gegenüber gestellt.

Wahrscheinlichkeit für Garantiefall nach 35 Jahren „kaum noch messbar“

Dabei ergaben sich folgende Erkenntnisse, berichten die Autoren: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Garantiefall tatsächlich eintrete, sei gering. Seit September 2000 traf die Notwendigkeit einer 100-prozentigen Absicherung nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 1,2 Prozent ein, heißt es unter Verweis auf historische Berechnungen der Börsenkurse.

Je länger die Anlage in Aktien dauere, desto unwahrscheinlicher sei es, dass die Garantie „gezogen“ werden müsse, berichten die Wissenschaftler: Bei einer Anlage über 25 Jahre trete der Garantiefall nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent ein, bei mehr als 35 Jahren sei diese „kaum noch messbar“.

„Unsere Studie hat erwiesen, dass die Kosten für eine Kapitalgarantie bei einer langfristigen Einmalanlage nicht nur hoch sind“, so Stotz, „sondern auch, dass das tatsächliche Eintreffen eines Garantiefalls unwahrscheinlich und die Garantieleistung gering ist“.

Der Ökonom zieht daraus den Schluss, dass die Garantiekosten dem Kunden transparent dargestellt werden sollten. Zudem sollte die Entscheidung für oder gegen eine Garantie „individuell erfolgen und nicht für alle Anleger pauschal“.

Johanna Bröcker vom Auftraggeber der Studie – Standard Life Deutschland – findet, dass die Kunden von ihrem Berater auf die „hohen Garantiekosten“ hingewiesen werden sollten, „denn sie verzichten für eine vergleichsweise geringe Garantie auf sehr viel Rendite und gefährden dadurch womöglich ihr Vorsorgeziel“.

Quelle: Pfefferminzia

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